2. Auftritt fürs Brautkleid

Dieser Moment, wenn sich alle Blicke auf einen richten. Ein Raunen geht durch die Kirche. „Wow – Ist die Braut nicht traumhaft schön?“ Und dann der Augenblick, wenn Partner oder Partnerin zum ersten Mal die Braut in ihrem Kleid sehen – einfach magisch, einfach einzigartig. Das Brautkleid ist für Frauen das Kleid schlechthin. Doch was passiert damit nach dem großen Auftritt auf der Hochzeit? Sind wir mal ehrlich: Oftmals versauert es im Kleiderschrank. Von der Magie keine Spur mehr. Vom großen Auftritt nichts mehr übrig. Nur noch in Ausnahmefällen wird der Traum in Weiß aus dem Kleidersack geholt. Das ist nicht nur viel zu schade für ein so aufwendig genähtes Kleid, sondern auch alles andere als nachhaltig. Ein Kleidungsstück, das aus wertvollen Stoffen wie Spitze, Tüll oder Seide besteht und mit vielen Details wie Glitzersteinen und Pailletten in Handarbeit gefertigt wurde, nur ein einziges Mal anziehen: Das kann doch nicht richtig sein, oder?
Ariane Nickusch möchte diesem Konsumverhalten etwas entgegen setzen. Die junge Frau aus Kiel sorgt mit ihrem individuellen Konzept dafür, dass die Kleider einen zweiten Auftritt bekommen. Im März 2019 hat sie ihren eigenen Laden für Second-Hand-Brautmode in Kiel eröffnet. „Braut trifft Kleid“ heißt ihre nachhaltige Brautboutique, welche sie liebevoll auf 60 Quadratmetern in der Legienstraße eingerichtet hat.
Braut trifft Kleid – Boutique für Second-Hand-Brautkleider in Kiel
Mit ganz viel Liebe und Wohnzimmer-Atmosphäre hat Ariane ihren Laden „Braut trifft Kleid“ in Kiel eingerichtet.
Liebevolle Details machen die Brautboutique in der Legienstraße so besonders.
Das alte Mauerwerk im Obergeschoss der Villa ist noch erhalten. An den Wänden hängen Bilder, Spiegel und kleine Accessoires. Die freistehenden Balken begrenzen die Birkenstämme, an denen sich die weißen Kleider aneinanderreihen. In der Mitte ein großes Lümmel-Sofa. Hier hat man nicht das Gefühl, in irgendeinem Laden zu sein. Vielmehr hat der Raum etwas von einem gemütlichen Wohnzimmer. Man ist zu Besuch bei einer guten Freundin, die einem dabei hilft, sein Traumkleid zu finden. Und diese Freundin nimmt sich nicht nur viel Zeit für jede Kundin und schafft eine Wohlfühlatmosphäre, sondern sie möchte mit ihrem Konzept ein bewussteres Konsumentenverhalten unterstützen.
Aus voller Überzeugung habe sie sich nicht für Neuware, sondern für getragene Brautkleider entschieden: „Für ein neues Brautkleid zahlen die Bräute viel Geld – oftmals zwischen 1000 und 2000 Euro. Sie tragen es nur einen Tag lang, danach wird es nur selten hervorgeholt. Ich möchte die Nutzungsdauer dieser wertvollen Kleider verlängern und sie wieder zurück in die Konsumentenkette bringen“, sagt Ladeninhaberin Ariane. Schließlich seien die Kleider auch nach einer ausgelassenen Feier meist noch in einem sehr guten Zustand. Der Wert dieser aufwendigen Roben verfalle nicht einfach, nur weil sie bereits von einer Braut getragen wurden, findet sie.
Es muss nicht immer ein neues Kleid sein. Nur, weil ein Brautkleid einmal getragen wurde, verliert es nicht gleich seinen kompletten Wert.
Natürlich ist die Entscheidung für ein getragenes Brautkleid für viele Frauen auch eine Frage des Preises. Nicht jede Braut möchte für nur einen Tag Unmengen von Geld für ein einziges Kleidungsstück ausgeben. Kostenfrei dazu gibt es bei jedem Kauf eines Second-Hand-Brautkleides ein gutes Gefühl, umweltbewusst und nachhaltig gehandelt zu haben. Das gleiche gilt natürlich auch für die Bräute, die ihre Kleider zum Verkauf anbieten. Sie geben ihrem Lieblingsstück die Chance, eine andere Frau glücklich zu machen und für mehr als nur einen Tag aufwendig produziert worden zu sein.
Mit ihrem Konzept einer Second-Hand-Brautboutique setzt Ariane auf Nachhaltigkeit.
Brautkleider erzählen Geschichten
Neben der Nachhaltigkeit sind es die Geschichten zu den Kleidern, die für Ariane von großer Bedeutung sind. Meist sind es die wunderschönen Erinnerungen an eine Traumhochzeit, die hinter jedem Traumkleid stecken. Doch es gibt natürlich auch Kundinnen, die ihre Kleider aus anderen Gründen in den Verkauf geben. Eine Braut, die plötzlich mit Drillingen schwanger war und ihr Kleid doch nicht mehr tragen konnte. Eine, die sich gleich zwei Kleider gekauft und dann doch noch mal umentschieden hatte. Und eine, die plötzlich verunsichert war und sich schlussendlich für ein anderes Modell entschied. Daher gibt es bei Braut trifft Kleid durchaus auch neue Brautkleider.
Auf die Idee einer nachhaltigen Brautboutique ist Ariane vor ein paar Jahren gekommen. Hochzeiten haben sie schon immer fasziniert. Ein Praktikum bei einer Schneiderin brachte sie dann auf die Idee mit der Second Hand Brautmode.
Ariane berät grundsätzlich nur mit Termin. Dabei wird eine Beratungsgebühr von 50 Euro fällig, die beim Kauf verrechnet wird. Ausnahme ist diesen Sonntag, 4. August. Denn dann öffnet die bezaubernde Brautboutique von 12 bis 14 Uhr für jeden ihre Türen. Bei einem Glas Sekt können die Besucher in Ruhe stöbern und mehr über Ariane und ihr Konzept von einem nachhaltigen Bridal Store erfahren. Um Anmeldung auf der Homepage wird gebeten. Unter allen Teilnehmerinnen wird ein kostenfreier Anprobetermin verlost.
Wer sein Brautkleid in der Boutique verkaufen möchte, sollte Folgendes beachten:
- das Kleid ist nicht älter als drei Jahre
- der Kleiderstil ist noch immer gefragt und nicht völlig aus der Mode
- das Kleid ist in einem sehr guten Zustand und gereinigt
- in Kiel holt sie die Kleider auch selber ab
- Die Kleider werden auf Kommission angenommen. Sollte es innerhalb von sechs Monaten nicht verkauft werden, geht es an die Besitzerin zurück. Nach Absprache kann die Zeit aber verlängert werden.